Tracktest: Kundensport-Familie von Audi

Dieses Familientreffen ist alles andere als langweilig! Vor dem 24h-Rennen auf dem Nürburgring [im Jahr 2018] trifft sich die Kundensport-Familie von Audi exklusiv für AUTO BILD MOTORSPORT. Im Test: der Titelverteidiger Audi R8 LMS sowie seine beiden kleinen Geschwister: der Audi RS3 LMS für die TCR-Kategorie und der brandneue Audi R8 LMS GT4 der neuen Klasse am Ring.

Das kleinste Familienmitglied ist der Audi RS3 LMS. Er ist René Rasts WTCR-Renner für die Eifel, geht in der TCR-Klasse aber auch auf den 24h-Trip. Auffällig: eine große Handbremse, mit der das Fahrzeug beim stehenden Start vorgespannt wird. Die Fußkupplung kommt nur beim Anfahren zum Einsatz. Mit lautem Knallen wechselt das sequenzielle Sechsganggetriebe anschließend die Gänge.

Langweiliger Frontantrieb mit nur 350 PS aus dem Zweiliter-Reihenvierzylinder-Turbo? Fehlanzeige. Denn ABS und Traktionskontrolle sind in der TCR verboten. Das fordert das Können der Fahrer. Besonders mit kalten Reifen zickt das Heck in schnellen Kurven und bei harten Bremsmanövern ziemlich nervös.

Audi R8 LMS GT4: Der Neuling in der Familie

Zurück an die Box, Wechsel in den Audi R8 LMS GT4. Das Nesthäkchen der Familie. Der GT4-Bolide ist erst seit diesem Jahr für Kundenteams erhältlich. Er verspricht seriennahen Motorsport, basierend auf den Traum-Modellen der Favoriten. Heißt auch: keine aufwendige Aerodynamik, der Heckflügel sieht im Vergleich zu den Geschwistern fast winzig aus. Erst im Cockpit wird das Rennfeeling geweckt.

Der GT4-Audi hat sogar den gleichen 5,2-l-V10-Motor wie sein großer Bruder. Der ist – je nach Einstufung – auf ca. 495 PS begrenzt. Das sind 100 PS weniger als im GT3. Der Schaltvorgang des serienmäßigen Doppelkupplungsgetriebes (ohne Kupplung!) ist etwas zögerlich und nicht so brachial wie beim sequenziellen Getriebe.

Die technischen Daten im Überblick

Audi R8 LMSAudi R8 LMS GT4Audi RS3 LMS
MotorV10-SaugmotorV10-SaugmotorR4-Saugmotor
Hubraum5200 ccm5200 ccm1984 ccm
Leistungca. 585 PSca. 495 PSca. 350 PS
max. Drehmomentca. 550 Nmca. 550 Nm460 Nm
Getriebe6-Gang sequentiell7-Gang-Doppelkupplung6-Gang sequentiell
0 bis 100 km/hca. 3,2 Sekundenunter 4 Sekundenca. 4,5 Sekunden
Preisca. 427.210 Euroca. 235.620 Euroca. 153.510 Euro

Immerhin: Der GT4-Bolide gibt direkt Vertrauen. Beschleunigung, Lenkung, Bremsen – der Rennwagen fährt rundum neutral. Dank Mittelmotor, der für eine gute Gewichtsverteilung sorgt, schiebt der Ingolstädter sauber aus den Kurven heraus. Ohne großes Übersteuern.

Dabei hat die Traktionskontrolle nur drei Stufen: Rennmodus, Qualifyingmodus – oder Aus. Das macht das Auto einfach zu fahren, gerade für Einsteiger und Amateure. Angenehm auch: Der Audi hat eine Klimaanlage, die besonders in Langstreckenrennen ein Vorteil sein kann.

Audi R8 LMS GT3: Der Top-Star der Familie

Wechsel in den großen Bruder, den Audi R8 LMS. Die Unterschiede sind deutlich zu erkennen. Der GT3-Bolide ist wuchtiger und breiter, der Heckflügel riesig. Den Innenraum haben deutlich mehr Knöpfe und Schalter erobert. Trotzdem fällt die Bedienung gleichermaßen leicht: Kupplung am Lenkrad ziehen und den ersten Gang einlegen. Dann wieder loslassen und einfach Gas geben.

Schon auf den ersten Metern ist spürbar, dass der GT3-Renner knapp einhundert PS mehr hat. Das Heck schiebt willig aus den Kurven heraus. Das regelbare Renn-ABS sowie die zwölfstufige Traktionskontrolle machen das PS-Monster aber auch für Amateure beherrschbar. Ohne großes Murren lässt sich der GT3-Audi spielerisch um die Rennstrecke bewegen. Und das, obwohl die Kurvengeschwindigkeiten vor allem wegen der Aerodynamik im Vergleich zum kleineren GT4-Auto deutlich höher sind.

Übrigens: Für den Audi R8 LMS ist es [im Jahr 2018] die zehnte Teilnahme am 24h-Rennen auf dem Nürburgring. 2009 feierte der GT3-Rennwagen, damals noch das Vorgängermodell, Premiere in der Eifel. Mittlerweile haben die Ingolstädter vier Gesamtsiege auf dem Konto. Und auch 2018 gilt der Audi R8 LMS als großer Favorit auf den Sieg. Genau wie die kleineren Brüder in der TCR- und GT4-Klasse. Eine erfolgreiche Familie eben.

Dieser Artikel stammt aus einer Ausgabe der AUTO BILD MOTORSPORT im Jahr 2018.

Sönke Brederlow
Sönke Brederlow
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